17.8.
Eigentlich ist es egal, wo ich gerade bin, auf jeden Fall in Sicherheit. Angesichts der Ereignisse in Afghanistan fehlt mir der Impuls, etwas zu schreiben, das das Entsetzen und die Angst, die himmelschreiende Ungerechtigkeit und die Unfähigkeit des Westen und damit von uns allen unkommentiert lassen würde. Nur, zum Kommentieren fehlen mir ebenfalls die Worte, ich wollte eigentlich schreiben, die Distanz, aber das käme mir zynisch vor. Ich will ja gar keine Distanz. In meinem letzten Beitrag habe ich über die Intra-Aktion gerätselt, die Untrennbarkeit von Objekt und Beobachtungsinstanz. Bedeutet nicht gerade diese Untrennbarkeit, dass es diese Distanz nicht gibt? Dass sie nichts anderes ist als ein Konstrukt, um die Dinge so geschehen zu lassen, wie sie gerade geschehen?
Heute morgen habe ich auf „Daily“, der Podcast-Serie der New York Times, den Bericht von R. gehört, einer afghanischen Reporterin, die seit letzten Freitag von den Geschehnissen in Kabul berichtet. Sie hat bitterlich geweint – vor Verzweiflung und Angst, und vor Wut. Dann kam Werbung. Die einzelnen Beiträge waren mit Musik untermalt. Das meine ich damit: Es fühlt sich einfach nicht richtig an, Ereignissen wie diesen eine Form zu geben, um sie konsumierbar zu machen. Um Distanz zu schaffen. Und dennoch ist es richtig, R. eine Stimme zu geben und die Möglichkeit, Menschen aus der ganzen Welt davon zu berichten, was ihr und ihren Mitmenschen und vor allem den Frauen dort gerade passiert.
Letzten Donnerstag war im Rahmen der Sommerlesereihe Monika Hauser, die Gründerin von Medica Mondiale, im beschaulichen Meran. Sie sprach am Thermenplatz über ihre Arbeit in Kriegsgebieten. „Ich wollte eigentlich gar nicht über Afghanistan sprechen, aber ich kann nicht anders, ich muss ständig daran denken“, sagte sie. Die Bundesrepublik habe die Arbeit ihrer Organisation in Afghanistan unterstützt. Mit deutschen Geldern haben afghanische Frauen Bildungsprojekte mit Frauen und Mädchen etabliert, Frauen haben als Juristinnen, Bürgermeisterinnnen, Ärztinnen, Unternehmerinnen und in vielen anderen Berufen gearbeitet. Gerade die emanzipierten und feministischen Frauen sind nun in größter Gefahr. Dass die Bundesregierung zögert, sich für Menschen, die in den letzten 20 Jahren für und mit Deutschland gearbeitet haben, verantwortlich zu fühlen – ihre Wut und Verzweiflung darüber konnte auch sie, die wortgewaltige, kaum in Worte fassen. Hier geht es zu einem Interview mit Monika Hauser über die Situation der Frauen in Afghanistan vom 14.8.